Villa Kobusch

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1873 ließ der Webereifabrikant Fritz Kobusch die neoklassizistische Stadtvilla am damaligen Neumarkt 3 (ab 1905: Schillerplatz 3, heute Niederwall 29) bauen, die er bis zu seinem Tod 1909 bewohnte. Danach erwarb Hermann Paderstein die Villa und baute sie großzügig zum repräsentativen Sitz seines Bankhauses um. In der einstigen Villa Kobusch am Niederwall befindet sich heute u.a. die HypoVereinsbank.

Villa Kobusch um 1905; Fotograf: Heinrich Kobusch; Stadtarchiv Bielefeld

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Die Anfänge

Der Name Kobusch taucht erstmals 1816 in den Akten des Gnadenfonds „wegen Beförderung des Handels und der Gewerbe“ in Zusammenhang mit der Bielefelder Leinenweberei auf. Demnach hatte der Webergeselle Christian Friedrich Kobusch von der Staatsregierung „60 Thaler Courant“ zur Anschaffung seines ersten Damastwebstuhls beantragt und erhalten.

Dieser Webstuhl und ein weiterer, den sich der Weber bald darauf anschaffen konnte, standen bis 1834 in der Werkstätte der Familie Kobusch an der Straße Am Bach. Der daraus entstandene Betrieb bildete den Grundstein der späteren Firma Gebrüder Kobusch, Tischzeug- und Handtuchweberei.

Die Weberei Gebrüder Kobusch

Firmensignet der Gebr. Kobusch; Archiv MW

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1847 arbeiteten im Verlagssystem für die Firma an 45 Stühlen 52 bis 54 Weber, die in Brackwede, in der Bielefelder Feldmark, in Heepen und in Herford lebten. Kobusch belieferte sie mit dem Garn und nahm ihnen ihre Produkte ab, die er weiterverkaufte. Um 1845 wurde ein Wohn- und Kontorhaus an der Welle Nr. 30 erbaut. Unter Heinrich Kobusch, dem Sohn des Firmengründers, konzentrierte sich die Produktion zunehmend auf Gebildweberei hoher Qualität, zu denen Heinrich Kobusch zum Teil selbst die Musterzeichnungen anfertigte.

Fritz Kobusch, 1874–1909, im Buch der Stadt Bielefeld von 1926

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Die Stadtvilla

Als Heinrich Kobuschs Sohn Fritz sich 1873 die Villa am Neumarkt erbauen ließ, stand an der Stelle des heutigen Stadttheaters noch die Villa des Arztes Dr. Steinheim. Die Wohnlage war repräsentativ, obwohl auch das Rathaus hier noch nicht errichtet war. 1905 wurde der Platz in „Schillerplatz“ umbenannt.

Neumarkt um 1890: Das zweite Haus links ist die Villa Kobusch; Foto: Stadtarchiv Bielefeld

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Fabrikanlage im Siekerfelde

Anfang der 1870er Jahre ließ Fritz Kobusch im Siekerfelde eine Fabrikanlage bauen, die zwar noch mit Handwebstühlen ausgestattet, aber eine der ersten Sheddachbauten mit Oberlicht in Bielefeld war. Hergestellt wurden Leinen, Drell und Damast mit Wappeneinwebungen als besonderer Spezialität.

Die Firma Gebr. Kobusch gehörte zu den Firmen, die am längsten an der Handweberei festhielten und sich gegen die Mechanisierung der Leinenweberei aussprachen. Erst 1903 erfolgte im Siekerfelde die Umstellung von der Handweberei auf die mechanische Fertigung. Im Ersten und im Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb auf Anweisung der Behörden eingestellt, weil diese die Produktion der Firma als nicht kriegswichtig einstuften.

Obwohl die Fabrik im Zweiten Weltkrieg stark bombardiert worden war, konnte die Produktion schon bald wieder sehr erfolgreich aufgenommen werden. So gehörte zum Kundenkreis die Reederei Hamburg-Süd und das Haus Hohenzollern. Selbst die Luxus-Hochseejacht des griechischen Milliardärs Aristoteles Onassis war mit Tischwäsche der Firma Kobusch ausgestattet. Zum 150-jährigen Firmenjubiläum 1966 standen 50 Jacquard-Webstühle an der Luisenstraße 52–54 und die Westfälische Zeitung berichtete stolz: „Bielefelder Leinen ist eben immer gefragt.“

Foto in der Westfälischen Zeitung zum 150-jährigen Jubiläum von Gebr. Kobusch; Stadtarchiv Bielefeld

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Niedergang

Zu den ersten Opfern der einsetzenden Strukturkrise in der mitteleuropäischen Textilindustrie gehörten kleinere Unternehmen und so stellte 1967 auch die Bielefelder Leinenweberei Kobusch die Produktion von Damast ein. Der Betrieb wurde erst in einen Leinengroßhandel umgewandelt und erlosch dann ganz.

Sheddächer der einstigen Weberei Kobusch an der Luisenstraße; Foto: Buchwald

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Die ehemalige Weberei an der Luisenstraße 52a ist zwar heute zum Supermarkt umgenutzt, von der Seite her betrachtet, kann man jedoch noch immer gut das Sheddach erkennen. Auch der große Schornstein im Innenhof blieb bis heute erhalten.

In der einstigen Villa Kobusch am Niederwall befindet sich heute u.a. die HypoVereinsbank.

Lesetipps
  • Friedrich Kobusch: „Die Tischzeug- und Handtuchweberei Gebrüder Kobusch, Bielefeld“, in: Magistrat der Stadt Bielefeld (Hg.): Bielefeld. Das Buch der Stadt, Bielefeld 1926; Repr. 1978, S. 408.

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